Die sofortige Rückkehr in die Oberliga ist für den TSV und Trainer Stefan Pohl ausgeschlossen. Die neue Ligastruktur macht selbst den Klassenerhalt schwer.

Martin Wendler, Tobias May, Rion Lather, Luca Roll, Patrik Sedlacek, Alexander Fickel, Robin Rahn und der neue Trainer Stefan Pohl: Sie alle wollen um die Verbandsliga-Spitze mitspielen, auch wenn es keinen Aufsteiger geben wird.

Den freien Sonntag nutzte Stefan Pohl, um bei einer Wanderung im Schriesheimer Wald den Kopf freizubekommen. Anschließend schaute er auf dem Leutershausener Sportplatz vorbei, um seinen Patensohn Marc Laudenklos in Diensten von Fußball-A-Klassist TSG 62/09 Weinheim II im Derby beim FVL II anzufeuern. „Ich war seit einer gefühlten Ewigkeit mal wieder beim Fußball, gehe an sich aber ganz gerne zu ein paar Spielen, die ich als willkommene Abwechslung vom Handball-Alltag sehe“, sagt der neue Coach von Badenliga-Absteiger TSV Birkenau und langjährige Trainer des TVG Großsachsen.

Aufgefallen ist ihm dabei trotz des letztlich klaren Weinheimer 4:1-Erfolgs, „dass in der jungen TSG-Mannschaft meines Erachtens die Wettkämpfer fehlen. Spieler, die vorangehen und nach oben in den Verbandsliga-Kader wollen“. Ein Umstand, den viele in der vergangenen Spielzeit auch beim TSV Birkenau ausgemacht hatten – und nach wie vor als Hauptgrund für den bitteren Abstieg betrachten.

„Köpfe, die das Spiel auch mal lenken können. Das hat uns in dieser Runde gefehlt“, brachte es der Sportliche Leiter Frank Jöst Ende April auf den Punkt. Selbst ein Trainerwechsel (Florian Sauer ersetzte interimsweise Timo Baumann) brachte nicht die erhoffte Trendwende. Offensive Qualität war zweifellos vorhanden, defensiv haperte es allerdings gewaltig. Und das spiegelte sich auch in der Abschlusstabelle wider: Zwar erzielte der TSV die zweitmeisten Tore der Badenliga (778), kassierte dafür aber auch mit 836 in 26 Spielen die mit Abstand meisten Gegentreffer. Mehr als 32 im Schnitt.

Schon Ligaverbleib wird schwer

Damit wird es, egal in welcher Liga, schwer. Traurige, aber fast schon logische Konsequenz: Erstmals in seiner traditionsreichen Geschichte muss der frühere Erstligist nun also in der sechstklassigen Verbandsliga antreten – exakt 50 Jahre nach dem Gewinn der Deutschen Feldhandball-Meisterschaft. An derartige Erfolge werde der TSV wohl nicht mehr anknüpfen, ist sich Pohl ziemlich sicher. Und selbst die direkte Rückkehr in die neue Oberliga ist nach der Fusion der Verbände aus Baden, Südbaden und Württemberg und der Umgestaltung der Ligen im nächsten Jahr unmöglich.

„Es wird schon verdammt schwer, in der Verbandsliga zu bleiben. Wir müssen eine sehr gute Runde spielen, um die Klasse zu halten“, sagt Pohl – wohlwissend, dass wohl nur das Spitzenduo der Saison 2024/25 auch im folgenden Jahr sechstklassig aktiv sein wird. Hierfür haben die Verantwortlichen im Dorf der Sonnenuhren seit dem feststehenden Abstieg nichts unversucht gelassen: Acht Abgängen stehen fünf externe Neuzugänge sowie zwei „Aufsteiger“ aus der eigenen Reserve gegenüber. 18 Spieler, darunter drei Torhüter, umfasst der neue Kader.

Rahn als neuer Leitwolf

Die Rolle des „Wettkämpfers“ oder Leitwolfs könnte dabei mit Robin Rahn ein alter Bekannter übernehmen. Der Routinier kehrte von den Handballfreunden Pankow aus Berlin nach Birkenau zurück, wo er einst schon in der D-Jugend von einem aufstrebenden Jungtrainer namens Stefan Pohl gecoacht wurde. Auch die Trainingsabläufe wurden maßgeblich verändert. „Wir trainieren dreimal pro Woche, was durchaus dem Niveau eines Viertligisten entspricht“, sagt der Übungsleiter.

Die Inhalte haben es ebenfalls in sich. Unterstützung erfährt Pohl seit Beginn der Vorbereitung von Torwarttrainer Andreas Holschuh, den Physiotherapeuten Florian Schuff und Julian Schädler sowie von Athletiktrainer Martin Wendler, der sich intensiv um die Beweglichkeit, Kraft und Technik der Spieler kümmert. „Er kommt ursprünglich aus dem Beachvolleyball, hat zudem einen Trainerschein im Gewichtheben. Seine Erfahrung aus anderen Sportarten ermöglicht uns ein viel individuelleres Training, für alle Beteiligten ist das Gold wert“, lobt der TSV-Trainer seinen Assistenten. Die Infrastruktur in Birkenau mit zwei Hallen und einem Kraftraum stimmt den neuen Coach ebenfalls vollauf zufrieden: „Hinsichtlich der Liga habe ich persönlich zwar einen Rückschritt gemacht, für die Trainingsbedingungen gilt das aber nicht.“

Profitieren sollen hiervon freilich auch die Spieler, denen Pohl eine durchweg gute Einstellung und großen Willen attestiert. „Auch deshalb gehe ich davon aus, dass sie sich kontinuierlich steigern werden“, sagt Pohl – und fügt hinzu: „Es ist klar, dass es eine gewisse Zeit dauern wird, bis die Arbeit Früchte trägt. Doch diese Zeit geben wir den Jungs.“

Platz zwei ist das Ziel

Erste sportliche Erfolge müssen sich trotzdem schon zeitnah einstellen, denn Pohl weiß: „Die Verbandsliga war mit Ausnahme des Meisters HSG Weschnitztal schon letztes Jahr sehr ausgeglichen.“ Zusätzlichen Druck gibt es durch die bereits erwähnte Umstrukturierung der Ligen. Entsprechend schwer tut er sich deshalb bei der Frage nach den größten Konkurrenten im Kampf um die vorderen Plätze. Überdies gibt Pohl zu: „Ich kenne die meisten Mannschaften noch nicht so gut.“

Doch auch das hat einen guten Grund: Nach den vielen Rückschlägen und Niederlagen der Vorsaison richtet der TSV Birkenau den Blick jetzt vornehmlich auf die eigenen Stärken, der Gegner soll sich dem eigenen Spiel anpassen. Eine wesentliche sportliche Verbesserung hat der neue Trainer ebenfalls schon ausgemacht: „In der Abwehr sieht es bislang wirklich gut aus.“

Quelle: WNOZ 16.09.2024