(msc) Genau so hatten sie es sich vorgestellt beim TSV Birkenau. Zwar sammelten Odenwälder gegen das Überraschungsteam HSG St. Leon/Reilingen nur einen Zähler, dieser Zähler könnte sich jedoch als wertvoller erweisen, als die acht zuvor. Grund dafür ist die Art und Weise, wie er zu Stande kam: Denn es war ein Punkt des bedingungslosen Willens, ein Punkt, den sich Spieler, Trainer und Zuschauer mit aller Macht erkämpfen wollten und erkämpft haben. „Ich habe das so noch nie erlebt“, erklärte ein völlig platter Kapitän nach der Partie: „Wirklich geil, wie wir die Zuschauer mitgenommen haben und sie uns dann wieder mitgenommen haben.“ Und gerade Gerrit Fey musste es ja wissen, schließlich konnte man nach dem Spiel kaum glauben, dass er zuvor auf der Platte stand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schleifte er sich förmlich in die Dusche, bei jedem seiner Schritte hörte man ihm seine Leiden an. „Die linke Ferse und der rechte Oberschenkel haben etwas abbekommen“, ließ er wissen. Wird Fey auf die Begegnung angesprochen sind die Schmerzen allerdings im Bruchteil einer Sekunde vergessen. Die Augen leuchten vor Begeisterung, ein großes Lob geht an die Fans – denn diese haben ihre „Falken“ lautstark unterstützt und so das 27:27 mit zu verantworten.
Zunächst gab es für die TSV-Anhänger indes nur wenig zu bejubeln. Zwar erzielte Stefan Dietrich nach 32 Sekunden die erste Birkenauer Führung, doch dann war erst einmal die Zeit der Gäste gekommen. Jonas Krepper vollendete den ersten 3:0-Lauf, nach etwas mehr als acht Minuten gelang Andreas Rausch sogar das 7:4. Es sah so aus, als hätte die St. Leoner Euphorie nicht unter der Niederlage gegen Viernheim gelitten, als wäre das Team von Bernd Feldmann weiterhin kaum zu knacken. Doch auch die Truppe von TSV-Coach Gabriel Schmiedt wollte das nicht auf sich sitzen lassen – immerhin hatte man sich nach der schwachen Vorstellung in Knielingen Wiedergutmachung auf die Fahne geschrieben. Die Antwort auf den Drei-Tore-Vorsprung der Gäste: Jonas Böhm, Sascha Höhne und Lars Heckmann. Ausgleich, alles war wieder auf Anfang gestellt. Bis zum Seitenwechseln lagen die „Falken“ sogar noch einmal in Front, mit 13:13 ging es dann in die Kabinen.
Nach der Pause gab es dann die selbe Anfangsphase wie zum Spielbeginn: St. Leon kam gut aus den Startlöchern, Birkenau brauchte dagegen etwas und geriet erneut in Rückstand. Das hielt sich bis in die letzten zwölf Minuten so, dann allerdings ging ein Ruck durch die Langenberghalle. Als HSG-Akteur Daniel Brenzinger nach seiner dritten Zwei-Minuten-Strafe vom Feld musste drehten die Hausherren auf, die Zuschauer unterstützten ihr Team nun lautstark. Das Ergebnis: Die Schmiedt-Sieben glich zunächst aus, erzielte dann durch Philipp Kinscherf sogar die 25:24-Führung. „Wir hätten es drehen können, hatten die Chance wegzuziehen“, erklärte Fey. Doch das wäre zu viel des Guten gewesen, denn auch die Gäste hatten noch Reserven im Tank. Eine halbe Minute vor Spielschluss war es dann soweit, die HSG bekam einen Siebenmeter, Christian Decker behielt die Nerven und netzte ein. Doch statt aufzustecken kämpfte der TSV mit aller Kraft, beflügelt durch die Unterstützung von den Rängen und sicherte sich Sekunden vor dem Ende noch die Gelegenheit zum Ausgleich. Wieder lautete das Duell Schütze gegen Torhüter, diesmal stand Marian Kleis an der Linie – und auch er traf ins Tor. Der Jubel über den Punkt war groß. „Die Leistung ist noch nicht zu 100 Prozent da, aber es kommt – und die Leidenschaft ist bereits wieder da“, sagte Fey begeistert: „Die Stimmung in der Mannschaft ist super, wir haben die letzte Woche geil trainiert.“ Der Kapitän ist sich sicher: „Die Richtung stimmt.“
TSV Birkenau:
N.Heckmann, R.Dietrich; Höhne 9/5, Suschlik, Fey 2, Schmidt, Pauli, Kinscherf 1, Baumann, Böhm 2/1, S.Dietrich 3, L.Heckmann 4, Kleis 6/1
HSG St. Leon/Reilingen:
Winter, Jacobs; Bujdos 5, Rausch 6, Körner, Schmitt, Lechner 1, Kikillus 8/3, Krepper 3, Decker 4/3, Menger, Huber, Brenzinger