(msc) Birkenaus Nummer 12 pariert den Ball, leitet den Gegenstoß ein und reckt einmal kurz die Faust in die Luft – so kennt man Ruven Dietrich. Der Keeper der Falken kann sich mit seinem Team freuen, bleibt selbst aber meistens bescheiden im Hintergrund. Ein großer Lautsprecher war Dietrich nie, gerade deshalb ist er auch im Mannschaftsrat der Birkenauer. Wenn er etwas macht, dann mit dem ganzen Herzen. „Es ist wichtig, in jedem Training da zu sein und vernünftig zu trainieren, wenn du auf diesem Niveau spielen willst“, so Dietrich, der gerade deswegen den Entschluss gefasst hat, seine aktive Karriere nach der Saison zu beenden.
„So etwas ist ja keine Entscheidung, bei der du morgens aufwachst und sagst jetzt ist Schluss“, verrät der Keeper: „Diese Entscheidung reift in einem, das ist ein Prozess.“ Diesen hat sich Dietrich ganz sicher nicht leicht gemacht – immerhin sind die Falken aus dem Odenwald für ihn weit mehr als nur ein Verein, sie sind eine Herzensangelegenheit. „Ich habe mein Leben lang Handball gespielt, bei den Minis damals in Birkenau begonnen“, erinnert er sich noch gerne an seine ersten Schritte auf der Platte: „Mit 16 war ich dann schon bei der ersten Mannschaft mit dabei.“ Er hat vieles erlebt, blickt auf eine beachtliche Karriere zurück.
Auch Birkenaus Sportlicher Leiter Sebastian Brehm kennt seinen Keeper schon eine halbe Ewigkeit. „Wir haben damals in der Jugend gemeinsam das ABC des Handballs gelernt“, lacht Brehm: „Jetzt darf ich dabei sein, wenn er aus dem aktiven Geschäft verabschiedet wird.“ Dietrich war dabei gerade in der gemeinsamen Zeit bei den Falken, seit Brehm Teil des Führungskreises ist, immer ein Paradebeispiel für den eingeschlagenen Weg. „Er ist vielleicht sogar das beste Beispiel“, sagt Brehm: „Aus der eigenen Jugend bis in die erste Mannschaft hoch, zwischenzeitlich das Glück auch woanders mal gesucht, dann aber wieder zurück zu uns gekommen und dort die Karriere beendet.“ Das ist aber nicht das einzige, was der Sportliche Leiter an seinem Keeper schätzt. „Er ist ein ruhiger Typ“, analysiert er: „Dadurch hat es eine umso höhere Wertigkeit, wenn er etwas sagt.“
Zwischenstopps machte Dietrich lediglich beim anderen südhessischen Verein im badischen Handball, dem TSV Amicitia Viernheim, ansonsten trug er nur das Birkenauer Trikot. „Ich hatte tolle Jahre hier in Birkenau und auch in Viernheim“, erzählt er. Weitere dürfen dabei gerne dazu kommen: „Ich verstehe mich super mit den Jungs, plane auch weiterhin etwas im Verein zu machen.“ Aktiv wird er aber erstmal nichtmehr im Kasten stehen. „Ich werde nicht aufhören, um in einem halben Jahr wieder bei der zweiten Mannschaft im Tor zu stehen“, ist er sich sicher: „Wer weiß, was kommt – aktuell kann ich mir das auf jeden Fall nicht vorstellen.“
Dass seine Karriere nun mit 31 Jahren vorbei ist, hat auch etwas mit Verletzungsglück zu tun. „Ich war nie verletzt, habe also seit ich 16 bin gefühlt jedes Spiel und jedes Trainingslager mitgemacht“, so Dietrich. Doch auch andere Beweggründe haben natürlich ihre Rolle gespielt: „Die Prioritäten verschieben sich, wenn man älter wird. Familie und Arbeit spielen immer größere Rollen.“ Entsprechend wird die Zeit fürs Handball spielen knapper. Oder besser gesagt: Zu knapp. Zumindest, wenn man wie Dietrich immer alles geben will und keine halben Sachen macht.
Zum Abschluss der Karriere könnte es aber doch nochmal einen richtig schönen Moment obendrauf geben: Die Falken sind nämlich noch mittendrin im Aufstiegsrennen, können sich am Samstag beim HC Neuenbürg sogar in die Pole Position um den Badenliga-Titel bringen. „Warum nicht“, lacht Dietrich auf einen möglichen Aufstieg der Birkenauer in seiner letzten Saison angesprochen: „Wir haben alles selbst in der Hand.“ Am Ende könnte er einmal mehr leise jubelnd im Hintergrund die Faust in den Himmel recken.
Bild: Mathias Brock