(msc) Ein wahrer Krimi, der mit einer Birkenauer Jubeltraube endete, erlebten die Zuschauer in der vollbesetzten Rudolf-Harbig-Sporthalle in Viernheim. Der TSV Amicitia Viernheim dominierte die Anfangsphase des Südhessenderby gegen den TSV Birkenau, steht jedoch nach einer schwachen zweiten Hälfte ohne Punkte da. Die Birkenauer Falken freuen sich dagegen über eine sensationelle Aufholjagd und den optimalen Start in die Saison – punktetechnisch wie emotional. „In der ersten Halbzeit hat Viernheim alles richtig gemacht“, erkannte auch Birkenaus Trainer Axel Buschsieper neidlos an: „Wir dafür in der Zweiten.“ Sein Kapitän Gerrit Fey ergänzte zum 25:24-Erfolg: „Es hat viel Kraft gekostet, aber daran waren wir selbst Schuld – warum einfach, wenn es auch schwierig geht.“
Es war kaum zu übersehen: Die Saison ist noch jung. Die ersten Minuten waren entsprechend angespannt, doch unterm Strich sah man neben der ein oder anderen Schwierigkeit auch viele gute Aktionen auf beiden Seiten. Insbesondere die Defensiv-Reihen meldeten sich zunächst eindrucksvoll an. Die Falken zwangen den Gastgeber erst ins Zeitspiel, den fälligen Siebenmeter entschärfte dann Keeper Ruven Dietrich. Auch die Wurfauswahl der Roten Bullen ließ in den ersten Spielminuten zu wünschen übrig. Doch die Gegenseite stotterte auch bei den Birkenauern, aus den ersten vier Chancen gab es auch hier nur einen Treffer. Bezeichnend wurde es in der achten Minute: Erst passte Viernheim den Ball im Aufbau ins Seitenaus, dann überwarf Falken-Regisseur Fey den durchgebrochenen Philipp Kinscherf beim Konterversuch.
Das große Problem der Falken: Amicitia kam schneller im Derby an. Die Stimmung blieb dem Rahmen des Spiels angemessen hitzig, aber fair – es schien auf den ersten Blick ausgeglichen weiter zu gehen. Doch bei genauerem Hinsehen zogen die Hausherren langsam davon. Nach 21 Minuten musste Trainer Buschsieper die Auszeit nehmen, sein Team lag inzwischen mit 6:10 zurück. Besserung gab es allerdings vorerst nicht, zur Halbzeit führen die Roten Bullen sogar mit komfortablen sieben Treffern beim 17:10.
Der zweite Abschnitt wendete das Blatt allerdings. Nach wenigen Minuten schmolz der Vorsprung dahin, die Falken kamen wieder nah dran. Mit einem 5:1-Lauf kam Birkenau aus der Kabine und sorgte so für zittrige Beine bei Viernheim. „Wir hatten im ersten Abschnitt mit den Kreisläufer-Anspielen zu kämpfen, also habe ich auf eine defensive Abwehr umgestellt und die Würfe aus dem Rückraum in Kauf genommen“, erklärt Buschsieper seinen Trick. Der Amicitia gelang dagegen fast nicht mehr, die Wurfauswahl wurde wieder schlechter – einzig das Glück blieb ihnen hold. Hätten die Gäste nämlich nicht den Großteil ihrer Siebenmeter in der ersten Halbzeit verworfen und jetzt mehrere Pfostentreffer mit anschließendem Tanz auf der Linie zu beklagen, hätten sie den Rivalen im Südhessenderby bereits überholen können. Doch beim Stand von 17:19 ebbte der Sturmlauf ab, die Unbeschwertheit, die das Falken-Team seit dem Seitenwechsel ausgemacht hatte, wich einer Angespanntheit vorm Wurf. „Da hatten wir mehrmals die Chance, noch näher ranzukommen und haben sie nicht genutzt“, weiß Fey, der zugibt: „Da schwindet die Euphorie und dann wird es ganz schwer.“
Dass es in der Endphase der Partie tatsächlich noch einmal spannend werden konnte, hatte der TSV Birkenau seinem Torhüter Eric Fremr zu verdanken, der überragend parierte und so ermöglichte, dass beide Mannschaften mit einem 23:22 in die letzten fünf Spielminuten gingen. Und die hatten es dann wahrlich in sich: Fremr vereitelte erneut einen Siebenmeter, Sascha Höhne machte es auf der anderen Seite besser und traf zum Ausgleich. Im Anschluss gab es dann auch für die Amicitia nur einen Pfostentreffer, Höhne musste daraufhin wieder an die Linie. Dieses Mal hielt die Birkenauer Pechsträhne aber nicht an, er netzte zum zweiten Mal in Folge ein und erzielte so die Führung, die der TSV Birkenau nun nichtmehr hergab. „Sascha hat uns, gemeinsam mit der starken Torhüterleistung, in den letzten 15 Minuten das Spiel gewonnen“, hatte Buschsieper allen Grund zur Freude über den 25:24 Derbysieg.
TSV Amicitia 06/09 Viernheim:
Hoffmann, Lazaro Garcia; Megyeri, Willner 3, Unger, Seel 3/2, Seib, Herbert 1, Helbig 1, Kernaja 5, Oswald 4, Schmitt, Geisler 2, König 5/5.
TSV Birkenau:
R. Dietrich, Fremr; Höhne 7/2, Gutsche 1/1, Fey 7, Kümpel, Barrientos 2, Kinscherf 1, Böhm 2, S. Dietrich 2, Jöst, Zehrbach, Kleis 2, Conrad 1.
Bilder: Mathias Brock