(msc) Die Vorfreude auf das südhessische Derby war groß, am Ende herrschte bei den Falken des TSV Birkenau dagegen lediglich Ernüchterung. Bei der deutlichen 25:36-Klatsche lief wirklich gar nichts zusammen, die Gäste des TSV Amicitia Viernheim erwischten dagegen einen Sahnetag. „Viernheim hat uns heute vorgemacht, wie man ein Derby zu spielen hat: Mit Leidenschaft, Spielwitz und Engagement“, ging Birkenau-Coach Axel Buschsieper mit sich und seiner Mannschaft schonungslos ins Gericht: „Das haben wir heute vermissen lassen. Das ist Schade, denn die Halle war voll.“ Bezeichnende Szene: Knapp fünf Minuten vor der Pause traf Viernheims Jannik Geisler vom Kreis aus den rechten Innenpfosten, von dort aus sprang der Ball an den linken Innenpfosten – und an den Fuß des Keepers Ruven Dietrich, der ihn unglücklich doch noch in die Maschen bugsierte. Beim Gegenangriff der Falken landete das Leder ebenfalls am Aluminium, sprang dann jedoch nicht ins Tor.
Die Spannung, die sich vor der Partie bereits angebahnt hatte – sie setzte sich in den ersten Minuten zunächst nahtlos fort. Nach fünf Minuten stand es bereits 4:4, beide Teams gingen mit Vollgas in die Offensive. Die Bullen erarbeiteten sich dann ein kleines Polster von 6:4, ehe sie sich selbst etwas im Weg standen. Statt die starke Phase noch besser auszunutzen, gerieten sie durch eine Zeitstrafe gegen Julius Herber in Unterzahl, kurze Zeit später meckerte Viernheim bei eigenem Ballbesitz so lautstark, dass die zweite Zeitstrafe unmittelbar folgen mussten. Das einzige Manko aus Falken-Sicht: Dieses Geschenk nahmen sie nicht an. „Wir sind überhaupt nicht in den Tempogegenstoß gekommen in diesem Spiel, haben viel zu oft geprellt“, ging Buschsiepers Matchplan dieses Mal nicht auf. Eines war nun aber bereits klar: Dieses südhessische Derby sollte ein besonders hitziges werden.
Das 5:9 schmolzen zwei Treffer von Marian Kleis wieder etwas ein, doch die Richtung war nun vorgegeben: Birkenau musste dem Rückstand hinterher rennen und auf Unkonzentriertheiten der starken Gäste hoffen. „Es ist sehr schwer, aus diesem Spiel heute etwas positives heraus zu ziehen“, weiß auch Buschsieper um den Verbesserungsbedarf der gezeigten Leistung: „Wir hatten in der Abwehr keinen Zugriff, haben keine Zweikämpfe gewonnen und den Kreisläufer eigentlich 60 Minuten lang nicht im Griff gehabt.“ Nach 18 Minuten leisteten diese sich wieder eine: Julius Herbert bekam erneut eine Denkpause verpasst, Vater Frank – Trainer der Amicitia – bekam ebenfalls zwei Strafminuten wegen Meckerns. Kurz nach Ablauf der doppelten Überzahl stand es dennoch nur 11:14 – der Abstand blieb also bei drei Toren. Und es kam noch dicker für die Falken, denn Kleis Treffer in der 23. Minute war der letzte im ersten Abschnitt – Dominik Seib und Jannik Geisler sorgten dagegen für eine komfortable 19:11-Pausenführung der Viernheimer Bullen.
Halbzeit zwei sollte dann, analog zum Rundenauftakt in Viernheim, besser werden für die Falken – das hofften die Birkenauer zumindest. Doch es ging gleich mit zwei weiteren Gegentreffern in die Hälfte – dann wurde Julius Herbert mit seiner dritten Zeitstrafe und der Roten Karte vom Feld verwiesen. Es war nicht die einzige Entscheidung, die zu Protesten auf den Rängen und einem angemessenen Derbycharakter führte, obwohl der Spielstand diesen eigentlich nicht mehr richtig hergab. Auch in der Folge wurde es für die Hausherren nämlich nicht leichter, da die Gäste sich weder vom Platzverweis gegen Herbert, noch vom später folgenden gegen Geisler aus der Bahn bringen ließen. „Ob ein Tor oder elf: Ich verlieren generell ungern“, sagte Buschsieper: „Im Derby sind elf Tore eben schon schwer zu verdauen.“
Während bei Viernheim also alles genau nach Plan lief, griff bei den Falken kein Rad ins andere. Weder Überzahl, noch Offensive funktionierten – auch die Defensive und das Torhütergespann blieb durchweg blass. „Heute war einfach alles richtig, richtig schlecht“, analysiert Buschsieper, der dennoch weiterhin ein gutes Zwischenfazit ziehen kann: „Wir können jetzt nicht alles in Frage stellen, haben eine großartige Vorrunde gespielt mit fünf Minuspunkten und es läuft nach wie vor gut.“ Unter dem Strich steht nach einem gebrauchten Samstag trotz allem nur eine schmerzhaften 25:36-Derbypleite auf dem Zettel, die zu allem Überfluss auch noch den Verlust der Tabellenführung bedeutet. „Jetzt haben wir verloren, aber die Welt geht davon nicht unter“, so Buschsieper: „Vielleicht ist es auch mal ein ganz guter Warnschuss, um zu sehen, dass wir noch nicht ganz, ganz vorne angekommen sind.“
TSV Birkenau:
Fremr, R. Dietrich; Kleis 5, Fey 4, S. Dietrich 4, Höhne 3/2, Gutsche 3, Böhm 3, Kinscherf 2, Brock 1, Jöst, Zehrbach, Weis, Conrad.
TSV Amicitia Viernheim:
Koch, Lazaro Garcia; Hubert 10/5, König 7, Seib 5, Seel 5, Geisler 4, Willner 1, Unger 1, Herbert 1, Schmitt 1, Megyeri.
Bilder: Mathias Brock