Gerrit Fey ist bei den Handballern des TSV Birkenau eigentlich nicht mehr wegzudenken, und doch scheint das Unmögliche einzutreffen: Der Spielmacher des Handball-Oberligisten wird seine Karriere im Alter von 28 Jahren beenden. Ein Knorpelschaden zwingt den Physiotherapeuten zum Aufhören.
„Für mich war der Schock riesig“, sagt Fey. „In meiner ganzen Karriere war ich eigentlich nicht kaputt zu bekommen. Und nun muss ich realisieren, dass man mir etwas wegnimmt, was ich bedingungslos liebe und lebe.“ Schon vor zwei Jahren zog sich Fey im Training die Knieverletzung zu, die sich durch die vergangenen Monate und Jahre wie Kaugummi zog, weil Fey unbedingt weiterspielen wollte. Es hat alles noch einigermaßen gut funktioniert. Der Handball hat mir immer so extrem viel bedeutet – ich konnte nicht ohne.“
Dann kam die Corona-Krise, die alles veränderte. Die spielfreie Zeit, die plötzlich da war, führte bei Fey zum Umdenken. Er suchte also mehrere Ärzte auf, die sich einig waren, dass ein operativer Eingriff unumgänglich ist. „Es ist allerhöchste Eisenbahn. Vom Handballsport wurde mir dringend abgeraten, ich soll nicht mal joggen und deshalb lieber heute als morgen unters Messer kommen.“
Bevor aber bald die Operation ansteht, versucht sich der Falken-Kapitän so gut wie möglich abzulenken. Der Physiotherapeut bereitet gemeinsam mit seinem Vater die Eröffnung ihrer zweiten Praxis im Birkenauer Ortskern vor. „Es ist wirklich extrem viel zu tun“, sagt Fey. „Aber das wird eine wirklich coole, sehr moderne Praxis. Wir wollen die Leute zur Bewegung motivieren – die Patienten gehen uns sicherlich nicht aus.“
Fey hat sich immer für seinen Heimatverein aufgeopfert und in den Dienst der Mannschaft gestellt – nun zahlt er vielleicht damit den Preis, dass er nie mehr auf dem Spielfeld in der Langenberghalle stehen kann. „Daran will ich noch gar nicht denken“, sagt Fey. „Die Ärzte sagen zwar, dass ich verrückt wäre, wenn ich jetzt ans Handballspielen denke – aber ich will alles Mögliche dafür tun. Und: Ich würde jederzeit alles wieder so machen.“
Das heißt auch, dass Fey jedes Angebot, das ihn erreichte, mit gutem Gewissen ausgeschlagen hat. „Anfragen waren genug da“, lacht Fey. „Aber ich habe immer Handball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. In Birkenau konnte ich Familie, Freunde, Umfeld und Beruf vereinen – das war mir immer extrem wichtig.“ Der TSV Birkenau und Fey gehören einfach zusammen.
Schon im Alter von zarten 17 Jahren durfte er in der Birkenauer Oberliga-Mannschaft auflaufen. Er erinnert sich, dass dies damals keineswegs normal gewesen sei: „Als junger Spieler musste man sich erst einmal beweisen. Heute haben wir in Birkenau viele junge Talente und fördern diese – das ist schon eine erstaunlich positive Entwicklung.“
Erstaunlich war auch, wie früh Fey Kapitän wurde. Nachdem er die ersten Jahre von seinem Vorgänger Rudi Varak lernen konnte, wählten ihn seine Mitspieler zum Spielführer: „Das war für mich als junger Kerl natürlich eine große Ehre.“ Es folgten zahlreiche Spielzeiten mit unvergessenen Highlights und vielen Anläufen in der Badenliga, um im vergangenen Jahr den Aufstieg in die Baden-Württemberg-Oberliga als Meister zu schaffen. „Wir haben es so oft versucht, das war wirklich besonders, es dann endlich zusammen gepackt zu haben.“
Der 17. Oktober 2020 wird Gerrit Fey noch lange im Gedächtnis bleiben. Damals spielte der TSV Birkenau 24:24 beim TV Sandweier Baden-Baden. Es war das letzte Pflichtspiel vor der Saison-Unterbrechung – und somit wohl auch das letzte Handballspiel des Spielgestalters. „So ein Abschied ist extrem bitter. Aber ich werde weitermachen, so lange mich meine Füße tragen. Der Birkenauer bekommt mich nicht los – egal in welcher Position.“
Foto: Simon Hofmann