Nur knapp ist Handball-Oberligist TSV Birkenau dem zweiten Abstieg binnen eines Jahres entronnen. Die Erleichterung über den Klassenerhalt in letzter Sekunde ist Trainer Tonci Peribonio, Jahrgang 1960, eine Woche danach noch ins Gesicht geschrieben.
ECHO: Herr Peribonio, haben Sie das Drama vom vorvergangenen Samstag gut verdaut? Wie heftig wurde gefeiert?
Peribonio: Ja, das war das Wunder von Birkenau. Ich glaube, dass niemand daran geglaubt hat. Wir haben unglaubliches Glück gehabt und lange in der Halle gefeiert, bevor einige Spieler noch nach Weinheim zum Weiterfeiern gefahren sind.
ECHO: Mit solch einem Absturz hatte niemand gerechnet. Wir erklären Sie sich das schwache Abschneiden des TSV Birkenau?
Peribonio: Da gibt es viele Faktoren. Wir sind aus der Regionalliga abgestiegen und haben zwei wichtige Spieler verloren. Im Rückraum hatten wir die ganze Saison Probleme. Alle waren zu optimistisch. Viele, auch der Vorstand, haben nur vom Aufstieg geredet, und so haben sicher einige die Klasse unterschätzt. Daher hatten wir keinen großen Teamgeist, da viele gedacht haben, dass es locker wird. Es war auch nicht glücklich, so früh in der Saison den Trainer zu wechseln. Die Spieler waren verunsichert und zu wenig selbstbewusst – der Wechsel hat uns ebenso ein wenig Kontinuität gekostet. Auch Peter Jano hat nach seinem Kreuzbandriss sicher zu früh wieder gespielt.
ECHO: Immer wieder war zu hören, dass es problematisch war, ein Zusammenspiel zu entwickeln. Erst in der Schlussphase gelang dies. Warum nicht vorher?
Peribonio: Wir begannen die Runde unter Frank Denne mit einem 3-2-1-System. Da war der Angriff unser Problem. Dann ließ Jano ein 6-0-System spielen, diese Umstellung kam zu früh. Der Angriff hat sich zwar immer besser entwickelt, aber die Abwehr stagnierte, die richtige Aggressivität hat gefehlt. Ich habe wieder auf 3-2-1 umgestellt, aber wir haben immer noch zu viele Chancen für unsere Tore gebraucht.
ECHO: Der Kader des TSV wird sich verändern. Sie selbst gehen wie Jano in den handballerischen Ruhestand, und mit Dario Tokur geht ein Leistungsträger nach Leutershausen. Wie werden die Abgänge aufgefangen?
Peribonio: Marco Widmann wird kommen und auf der Position von Tokur spielen. Einen Ersatz für den Rückraum auf Janos Position haben wir nicht, aber wir haben eigene junge Spieler wie Axel Jost, Sascha Höhne und Gerrit Fey, die auch im Rückraum spielen könnten. Als dritter Torwart kommt ein Talent aus Heddesheim, ein weiterer junger Spieler. Wir werden ein junges Team haben, vielleicht 22 oder 23 Jahre im Schnitt.
ECHO: Woran werden Sie als Trainer in der Saisonvorbereitung ansetzen, damit es nicht noch einmal eine Zitterpartie wird?
Peribonio: Wir müssen für Konstanz in allen Bereichen des Vereins sorgen. Im Juni beginnen wir mit dem Training. Ich habe mit Volker Kadel aus Ober-Mumbach einen neuen Co-Trainer. Ich will einen Co-Trainer haben, der nicht nur die Tasche trägt, sondern sich einbringt. Wir werden auch Konditionstrainer haben mit David Hoffmann und Michael Fey. Es wäre schön, wenn wir professioneller etwas für die Fitness tun könnten. Wir haben viele Talente in der A- und B-Jugend. Das müssen wir nutzen.
ECHO: Auch im Führungskreis der Handball-GmbH stehen nach dem Abgang von Roland Weber nach Neckargemünd Veränderungen an. Finden Sie es positiv, dass die Last jetzt auf mehrere Schultern verteilt wird?
Peribonio: Es weht ein frischer Wind, neuer Elan, frische Ideen kommen herein. Manchmal ist es das, was einem Verein fehlt, auch wenn der Verlust von Roland Weber sicher nicht leicht aufzufangen ist. Aber ehemalige Spieler wie Udo Laßlop können uns sicher weiterhelfen. Wichtig ist für uns ein guter Saisonstart. Weil ja die Zweite Bundesliga eingleisig wird, wird es im nächsten Jahr acht Absteiger geben.
ECHO: Mitte der Saison hatte Peter Jano ein radikales Verjüngungskonzept umgesetzt und sich damit gegen den schnellen Erfolg entschieden. Nach Ihrem Amtsantritt haben die meisten Junioren nicht mehr in der ersten Mannschaft gespielt. Erst Gerrit Fey hat diese Linie wieder aufgelockert. Wie handhaben Sie das in der neuen Saison?
Peribonio: Vielleicht hat Peter Jano zu früh dort zugegriffen. Es gab da auch ein paar Proteste aus der A-Jugend und der Reserve beim Vorstand wegen dem Einsatz von Aykut Demiriol. Er ist ein Perspektivspieler, aber sein Einsatz kam zu früh. Als Axel Jost kam, haben wir ihn lieber wieder in der Jugend spielen lassen. Es wäre schwer vermittelbar gewesen, warum er spielt, aber nicht Tobias List oder Simon Spilger. Die Situation mit dem Kampf gegen den Abstieg hat ebenso dazu beigetragen, dass ich mehr auf die Veteranen gesetzt habe. In der neuen Saison will ich Jugend und Reserve mehr einbinden.
Das Interview fürhrte Marc Schüler